Kafka war als Autor keineswegs unbekannt, allerdings beschränkte sich sein früher Ruhm auf ein literarisch überdurchschnittlich gebildetes Publikum.
Der Grund dafür ist offensichtlich: Es erschienen zu seinen Lebzeiten einfach zu wenige und zu leichtgewichtige Buchveröffentlichungen, um seinen Namen der Öffentlichkeit und der literarischen Kritik dauerhaft einzuprägen: Betrachtung (1912), Der Heizer (1913), Die Verwandlung (1915), Das Urteil (1916), In der Strafkolonie (1919), Ein Landarzt (1920). Von diesen sechs Büchern enthielten vier nur eine einzige Erzählung, und Das Urteil wurde mit seinen 29 Seiten kaum als Buch wahrgenommen. Daneben erschien Kafkas Prosa verstreut über Anthologien, literarische Zeitschriften und Tageszeitungen. Man musste als Leser also schon sehr aufmerksam sein, um Kafkas literarische Entwicklung zu verfolgen, und so verwundert es nicht, dass selbst berühmte zeitgenössische Autoren wie Arthur Schnitzler, Karl Kraus und Thomas Mann auf Kafka überhaupt nicht oder erst nach dessen Tod aufmerksam wurden.
Eine Rolle spielte gewiss auch das Vorurteil, demzufolge ein Autor, der nur Erzählungen, aber keine Romane oder Bühnenwerke veröffentlicht, auf keinen Fall erstrangig ist. An dieses Gesetz des Buchmarktes wurde Kafka von seinen Freunden und auch von seinem Verleger Kurt Wolff des öfteren erinnert. Vor allem Max Brod insistierte darauf, das Kafka berühmt werden könne, wenn er sich nur dazu entschließen könnte, den Process zu vollenden und zu veröffentlichen. Tatsächlich setzte der Ruhm Kafkas dann erst mit der Publikation der drei Romanfragmente ein, wenige Jahre nach seinem Tod.
Die Auflagen von Kafkas Erstausgaben lassen sich heute nicht mehr genau angeben. Das erste Buch, die kleine Prosa von Betrachtung, war ein Misserfolg, verkauft wurden nicht einmal 800 Exemplare. Das Urteil und Die Verwandlung hingegen erlebten eine zweite, Der Heizer sogar ein dritte Auflage; von diesen Büchern dürften je 6000 bis 8000 Exemplare verkauft worden sein. Kurt Wolff hat also in späteren Interviews stark übertrieben, als er behauptete, Kafka sei der größte Flop seiner Verlegerlaufbahn gewesen.
In der deutschsprachigen Prager Tagespresse tauchte Kafkas Name naturgemäß häufiger auf als andernorts, und vor allem in seinen späteren Jahren war er den Lesern der Prager Feuilletons durchaus geläufig (siehe das Fundstück ›Kafka als Prager Stadtgespräch‹). Unmittelbar nach seinem Tod erschienen Würdigungen auch in Berlin, Wien, München und Frankfurt am Main.