Kafka hat zu seinen Lebzeiten keinen einzigen Literaturpreis erhalten. Einmal immerhin wurde ihm ein Preis indirekt zuerkannt, gleichsam über Bande.
Es war im Herbst 1915, als vom Schutzverband Deutscher Schriftsteller zum dritten Mal der ›Fontane-Preis für den besten modernen Erzähler‹ vergeben wurde. Alleiniger Juror war Franz Blei, der sich für eine ebenso raffinierte wie komplizierte Lösung entschied: Er sprach den Preis seinem wohlhabenden Freund Carl Sternheim zu, forderte ihn aber gleichzeitig auf, das Preisgeld in Höhe von 800 Mark öffentlich an Kafka weiterzureichen. Nachdem Sternheim die wenigen gedruckten Texte Kafkas gelesen hatte, erklärte er sich einverstanden.
Vermutlich war es der Zweck dieses Coups, gleich zwei Autoren des Kurt Wolff Verlags ins Gespräch zu bringen, und der Verlag nutzte die Gelegenheit, indem er, beinahe überstürzt, Kafkas Verwandlung als Buch veröffentlichte. Da Kurt Wolff als Offizier Kriegsdienst leistete, musste er allerdings die Verlagskorrespondenz seinem Stellvertreter Georg Heinrich Meyer überlassen, und dieser verhielt sich gegenüber Kafka nicht eben taktvoll. Die 800 Mark werden weitergeleitet, schrieb er, da »man einem Millionär nicht gut einem Geldpreis geben kann«. Und Kafka sei nun »der reine Hans im Glück«, bekomme er doch überdies 350 Mark für die Buchausgabe der Verwandlung.